Warum Markenarbeit jetzt mehr auf Sicherheit abzielen sollte
Ebay hat mit seinem Corona Shopping Report einen spannenden Insight der menschlichen Psyche offengelegt: In Zeiten, die von Unsicherheit und dem erzwungenen Zurückziehen in die eigenen vier Wände geprägt sind, suchen Konsument:innen Produkte zum Wohlfühlen. Der Wohlfühlkonsum, wie ihn Ebay plakativ nennt, hat während der Pandemie stark zugenommen: Die Verkaufszahlen von Produkten, die direkt mit Wohlfühlen assoziiert werden – beispielsweise durch die Produktbeschreibung – oder indirekt damit in Verbindung gebracht werden können – wie Jogginghosen – sind im dreistelligen Prozentbereich gestiegen. Genauso wie die Themen Nachhaltigkeit oder Fair Trade, die den Aspekt des Wohlfühlens in einer anderen Facette transportieren.
Die Conclusio, dass sich Handel und Industrie flexibel auf dieses veränderte Kaufverhalten einstellen müssen, um erfolgreich zu sein, ist folgerichtig. Doch gibt es neben dieser 1:1-Ableitung weitere Erkenntnisse, die Marken für eine nicht eben sicherer werdende Zukunft mitnehmen können:
Erkenntnis Nr. 1: Mehr für mich, weniger Show-Off
Die Signalfunktion von Marken geht erstmal zurück. Marken haben – wenn auch nicht in allen Branchen gleich stark – eine Ausweis- oder Signalfunktion. Das Verwenden von Marken signalisiert anderen um mich herum, wer ich bin. Oder eher, wie ich wirklich wahrgenommen werden möchte. Ganz nach dem Motto: "Zeig mir dein Auto und ich sage dir wer du bist."
Die Corona-Pandemie hat uns alle in eine stärkere soziale Isolation getrieben, die auch bei gelockerten Einschränkungen noch eine gewisse Zeit anhalten wird. Sie hat aber auch einen Trend verstärkt: Das Cocooning, also das Zurückziehen in die eigenen vier Wände, hin zur Familie und zu engen Freunden. Bei der eigenen Familie oder auch engen Freunden ist die Signalfunktion von Marken weniger wichtig. Diese Menschen kennen mich – manchmal besser als mir lieb ist – und ich muss, kann und will nicht durch Marken mein eigenes Ich verändern. Und genau dies schlägt sich auch in den Analysen von Ebay nieder: Mehr fürs Zuhause, mehr für mich, weniger Show-Off.
Da der Cocooning-Trend immer dann besonders ausgeprägt ist, wenn die Zeiten unsicher sind, werden wir in naher Zukunft wohl eher eine Stärkung dieses Trends und damit eine Schwächung der Ausweisfunktion erleben. Will ich als Marke erfolgreich sein, sollte ich dies berücksichtigen. Die Ausweisfunktion sollte dann noch stärker in einen anderen persönlichen Benefit umgewandelt werden. So kann ein Prestige-Benefit, den Konsument:innen dafür nutzen, um anderen zu signalisieren, wer sie sind, umgemünzt werden in ein "sich selbst etwas Gutes tun". Nach dem Motto: Ich gönne mir selbst nur das Beste – ob es nun andere mitbekommen oder nicht.
Erkenntnis Nr. 2: Die Sicherheitsfunktion von Marken steigt
Neben der bereits genannten Signalfunktion helfen Marken natürlich, die richtige Wahl zu treffen. Sie sagen mir als Konsument:in, warum das eine Produkt anders – oder gar besser ist als das andere. Die wohl älteste Funktion von Marken übersehen wir aber sehr häufig: Marken geben Sicherheit. Die Sicherheit, nicht irgendeinen Mist zu kaufen, sondern etwas Gutes. Marken sind ein Qualitätssiegel.
Gemeinsam mit Dynata fragten wir ganz am Anfang der Corona-Pandemie regelmäßig die Einstellungen von 1000 Menschen ab und verfolgten die Veränderung der Einstellungen über die Zeit. Eines der Ergebnisse war erstaunlich: Bei der Frage "Wenn man eine bekannte Marke kauft, kann man sich sicher sein, dass man gute Qualität bekommt" stimmten – zu einem Zeitpunkt von nur drei Wochen nachdem die Pandemie uns im Griff hatte –, fast 20 Prozent mehr Menschen voll und ganz zu als vor der Pandemie. Dieser Effekt wird sich meines Erachtens noch weiter verstärken je unsicherer unsere Zeiten werden.
Intensive Markenarbeit betreiben
Was lernen wir daraus? Marken können kurzfristig von dem von Ebay identifizierten Wohlfühlkonsum profitieren, indem sie die richtigen Produkte und Botschaften in den Vordergrund rücken. Darüber hinaus sollten wir verstärkt darüber nachdenken, wie wir die andauernden Krisenzeiten für die langfristige Markenarbeit nutzen können. Der Erfolg wird davon abhängen, ob es gelingt, die Konsument:innen richtig zu verstehen und immer wieder die eigene Position zu justieren.
Zudem ist die eigene Marke zu pflegen. Die Learnings aus der Vergangenheit zeigen, dass Unternehmen überproportional davon profitieren, wenn sie in Krisenzeiten in Marken- und Imagearbeit investieren. Und wir tun alle gut daran, die CFOs der Republik daran zu erinnern. Schließlich soll sich auch die eigene Marke selbst langfristig wohlfühlen.
Dieser Artikel erschien zuerst bei Horizont.