Immer schön mit Brand Codes an die Marke binden!
Marken investieren wieder mehr in klassischen Medien, wie man im Harvard Business Review lesen kann – ein Großteil davon in TV-Werbung. Grund genug, um sich die Frage zu stellen, ob das Geld dabei gut investiert ist. Auch wenn es kein Konsument wirklich tut, aber schaut man sich – quasi hochwissenschaftlich – einmal einen ganzen Nachmittag einen Werbeblock nach dem anderen an, so ergibt sich am Ende ein – zwar nicht repräsentatives – aber doch erschreckendes Bild: Die Effektivität der TV-Spots darf aus meiner Sicht an vielen Stellen zumindest in Frage gestellt werden. Und zwar gleich aus mehreren Gründen.
Grund Nr. 1: Fehlende Brand Codes
Kommunikation hat eine einfache Aufgabe: Die Zielgruppe soll die Marke als anders und besser als alle anderen in der gleichen Kategorie wahrnehmen. Bevor dies aber durch die Verankerung relevanter Assoziationen und Botschaften überhaupt geschehen kann, müssen Konsumenten zunächst einmal erkennen, welche Marke überhaupt wirbt. Genau da kommen Brand Codes ins Spiel. Sie helfen, schnell zu dechiffrieren: „Es geht um Marke XY“. Erzeugt ein Spot dieses Signal nicht, kann die gezeigte Werbung keine Wirkung entfalten – egal, wie gut die Story war.
Der bei Kreativen verhasste Ausspruch „Make the logo bigger“ hat hier seinen Ursprung. Dabei ist das Logo nur der offensichtlichste Brand Code. Denn Brand Codes können fast alles sein. DaDaDaDiDa lässt uns erkennen, dass hier die Telekom wirbt, ein Weihnachtsmann macht es uns leicht zu dechiffrieren, dass Coca-Cola hinter der Werbung steckt.
Dafür muss eine Sache klar sein: Welche Codes besetzt eine Marke heute schon? Und welche könnte sie besetzen? Hier helfen nur Research und Konsequenz. Es gilt herauszufinden, welche der bis zu fünf Codes eine Marke unique spielen kann. Danach müssen diese Codes konsequent eingesetzt werden. Wir machen damit das Zuordnen für den Konsumenten einfacher. Und steigern so die Effektivität des Werbespots.
Grund Nr. 2: Veraktivierung
„Jetzt direkt Kredit beantragen“, „App Downloaden“ oder Ähnliches bestimmen die meist generischen Spots und Botschaften im Werbeblock – eine völlige „Veraktivierung“ von TV-Werbung. Langfristiger Markenaufbau findet so nicht statt. Dabei war es noch nie so einfach, durch unterhaltsame, gut erzählte oder visuell auffällige Geschichten im TV-Werbeblock positiv hervorzustechen und ins Bewusstsein der Zielgruppe durchzudringen. Gut gelingt dies beispielsweise der Deutschen Bahn mit ihrer Sommerkampagne, die sowohl von Brand Codes nur so strotzt und gleichzeitig das simple Feature „von-nach“ auf charmante Art und Weise verpackt.
Um eines klar zu sagen, dies ist keine Verteufelung von Abverkaufsmaßnahmen. Sondern ein Aufruf zu mehr Balance. Werbungtreibende sollten wieder stärker im Mix denken und die entsprechenden Kanäle mit den Botschaften bespielen, wo sie am besten wirken können. Vereinfacht gesagt: Long Term Brand Building in Massenmedien und Short Term Aktivierungsmaßnahmen in Medien, in denen zielgruppenspezifisch maximal relevant das passenden Verkaufsargument geliefert wird. Diese Werbung profitiert dann stark von bereits etablierten Markenassoziationen im Kopf der Menschen, da diese implizit mitschwingen und beeinflussen. Vorausgesetzt, das Branding stimmt.
Die Aufgabe muss sein: Schaffe die relevanten Markenassoziationen, die die angestrebte, differenzierende Positionierung der Marke vermitteln und schärfen. Dabei bitte immer schön mit Brand Codes an die Marke binden.
Grund Nr. 3: Features statt (emotionale) Benefits
Vielleicht hängt es mit der Veraktivierung der TV-Werbung zusammen, aber man muss feststellen, dass viele Werbespots einer Aufzählung von Produktfeatures oder einem uninspirierten Use Case gleichkommen. Der Konsument wird damit sich selbst überlassen.
In vielen Spots wird noch nicht einmal mehr versucht, gezielt einen relevanten rationalen Benefit zu transportieren – geschweige denn einen emotionalen. Und dieser wäre insbesondere für langfristigen Markenaufbau, aber auch für die kurzfristige Effektivität, wirklich wichtig. Denn unser Hirn kann sich Dinge besser merken, wenn Emotionen ausgelöst werden. Mal ganz abgesehen davon, dass solch eine Kommunikation unterhaltsamer ist und Konsumenten eher dazu bringt, die Augen auf dem Fernseher ruhen zu lassen – statt ins Handy zu schauen. Auch wenn das Branding stärker sein könnte, so macht Samsungs Werbung für das neueste Galaxy Modell hier einen tollen Job: Statt noch mehr Megapixel zu feiern, bewirbt der Hersteller lieber Emotionen – auf absurde Art und Weise. Und doch berührt es jeden Zuschauer zutiefst.
Wer zulässt, dass TV-Spots so spannend sind wie eine Bedienungsanleitung und so aspirativ wie eine Fahrt mit der U-Bahn, verschenkt viel Potenzial. Denn TV ist ein Multitalent. Durch die großen Reichweiten, die schnell erreicht werden können, kann TV-Werbung mehr als nur für direkten Abverkauf sorgen. Die wahre Stärke liegt im langfristigen Markenaufbau.
Dafür braucht es im TV-Werbeblock definitiv wieder mehr Entertainment und große Emotionen, die begeistern können. Denn nur wenn wir Menschen berühren und sie dazu bringen hinzuhören, können wir sie von einer Marke überzeugen.
Dieser Artikel erschien zuerst bei W&V.